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13.3.5 Das Festzelt

Erste Fassung: 23.09.2008


Über Vielfalt.

In einem Festzelt irgendwo auf dem Land stehen drei solvente Herrn an der Theke und trinken Bier.



Sie  unterhalten sich über "Gott und die Welt" wie man hier in Deutschland so sagt, wenn man meint, sich über alles zu unterhalten, was einem so einfällt.

Der eine ist ein Mathematiker, der andere ein Biologe und der dritte ein Komiker.
Sie stehen also da, erzählen und trinken Bier.

Da sagt der Mathematiker nach einer ganzen Weile:
"Mein Blasenfüllstand nähert sich asymptotisch dem Maximalvolumen."

Der Biologe pflichtet bei:
"Der Reiz meiner Blasenwand übersteigt bald das Verhaltungssignal aus dem Gehirn."

Schließlich meint der Komiker in seiner lauten Art:
"Also, ich weiß nicht, was ihr beide da gerade meint, aber ich muss pieseln wie ein Elch."

Das hörte ein Japaner der ein paar Meter weiter an der Theke stand, kam geschmeidig näher, verbeugte sich würdevoll und meinte:
"Hallo, ihr drei, ich glaube, ich habe meinen schwarzen Gürtel im Tokyo - Hotel  vergessen. Wo bitte muss ich da hin ?"

Der Mathematiker antwortete:
"Dort draußen auf der Wiese, etwas hinten in der Ecke steht ein Wagen. Auf dem sind zwei Männchen aufgemalt, eines mit einem Rock und eines ohne Rock. Du musst die Tür mit dem Männchen ohne Rock benutzen."

Ein Inuit am anderen Ende der Theke hörte zu und rief herüber:
"Oh, ja, ich muss auch eine Stange Wasser in die Ecke stellen !"

Von einem der Tische im Festzelt erhob sich ein Chinese und rief:
"Ich könnte ein ganzes Reisfeld bewässern !"

Da mischte sich die Wirtin ein, die die Not erkannte:
"Dort hinten ist eine Hecke gepflanzt. Wenn es im Wagen zu eng
wird könnt Ihr da hin gehen ..."



Alle sahen sich an und grinsten ...

"Ja, ja", murmelten sie, "wir sind schon groß ...".

Schließlich erhob ein Schwarzer auf einem der Barhocker seinen Kopf, nachdem er offenbar sehr nachgedacht hatte und meinte:

"Ich weiß nicht ... ...sind die Zebras nun  weiß mit schwarzen Streifen, oder schwarz mit weißen Streifen ?"

Eine kleine Diskussion erhob  sich und ging in ein  allgemeines Murmeln über.

Schließlich sagte der Mathematiker:
"Also, ich glaube, ich muss jetzt wohl mal wirklich um die Ecke gehen. Ein dreifach 'GUT PI' euch allen."

Dann hielt es der Biologe nicht mehr aus, wandte sich dem Ausgang zu und meinte:
"Ich gehe dann auch mal der Königpython die Welt zeigen, titriert hier nicht zu lange herum, Freunde ..."

Der Komiker konnte schließlich auch nicht mehr und meinte laut:
"Also, ich gehe jetzt auch mal den Lurch auswringen."

Jetzt brach der Japaner auf und sagte sehr interessiert:
"Leute, ich bin schon auf die Spültechnik gespannt..."

Danach erhob sich der Inuit und meinte:
"Bevor mir die Felle wegschwimmen, gehe ich auch mal ..."

Schließlich meinte der Chinese:
"Erst ist die Blase voll,  dann ist sie leer, wie bei  Ying Yang."
Dann verschwand auch er durch die Festzelttür.

Die Wirtin rief noch  hinterher:
"Ihr wisst doch: Die Spenden-Box und der Automat stehen nicht nur zur Zierde da..."

Der Schwarze saß immernoch auf dem Barhocker, hatte gehört, was der Chinese gesagt hatte und fragte die Wirtin:
"Ist der Schaum nun auf dem Bier, oder das Bier unter dem Schaum ?"

Während sich beide tief in die Augen sahen und lächelten, kam einer nach dem anderen wieder ins Festzelt zurück und bestellte noch ein Bier.

Da fiel der Blick des Mathematikers auf einen Gast, der ganz hinten im Festzelt saß und "Löcher in die Luft" starrte.

"Wer ist denn das?", fragte der Mathematiker. Die Wirtin meinte, das sei ein Strippenstrolch. Der würde immer nur da sitzen, Löcher in die Luft starren, eine Cola trinken, wieder Löcher in die Luft starren, auf die Toilette gehen, wiederkommen und wieder eine Cola trinken und weiter Löcher in die Luft starren.

"Man sagt hier bei uns im Dorf schon, dass er nicht so ganz klar kommt. Kleiner 'Lütttütü', nicht 'ganz dicht', verstehst du, was ich meine ? 'Kleine Schacke' und so ..."

Der Mathematiker verstand und sagte:"Ja, Gesundheit ist eines der höchsten Güter, die wir haben ..."

Der Abend ging weiter und es wurde weiter gefeiert.

Schließlich erhob sich der Strippenstrolch und sagte:

"Also, ich gehe dann mal ..."

"Ja, ja", sagten alle wie aus einem Munde. "Wir wissen es, du musst es nicht extra ankündigen !"

Der Strippenstrolch ging in die Nacht hinaus und keiner bemerkte, dass er der Wirtin ein kleines Zeichen gab. Es blieb sehr lange verschwunden. Nach einer ganzen Weile tauchte der strippenstrolch.de wieder auf und sagte laut:

"War 'ne harte Überfahrt !"

"Ja, ja, schon gut, komm rein", sagte die Wirtin und  machte ein verschmitztes Gesicht."


Auch der Mathematiker blickte einen Augenblick betrübt drein.

Der Strippenstrolch setzte sich wieder ganz hinten in die Ecke und die Wirtin servierte ihm einen riesigen Milch-Shake.

Der Mathematiker blickte die Wirtin traurig an und meinte nur: "Der arme Tropf ! Verstehe schon..."

Der Strippenstrolch aber sog genüsslich an dem Strohhalm im Milch-Shake und murmelte wohl halb zu sich selber: "Ich möchte gern einmal in Deinem Becken schwimmen gehen ...", dann grinste er ein wenig ...

Der Mathematiker blickte mitfühlend zu der Wirtin hinüber und meinte: "Oh, oh, der hat es wohl in der Kindheit sehr schwer gehabt, der Arme ..."

Die Wirtin errötete ein wenig und meinte: "Naja, weißt Du, sooo seltsam ist der nun auch wiedrer nicht ..."




Auf Höhe des Strippenstrolches aber hauchte eine Frauenstimme leise von außen hinter der Zeltplane:


"Aloa - he!"



Der Strippenstrolch tat, als habe er es nicht bemerkt und schmunzelte zu der Wirtin hinüber,  die plötzlich noch mehr errötete.

Er erhob sich langsam, brachte den leeren Milch-Shake-Becher zur Witin hinüber und murmelte:

"Ja, ja, die See ruft ..."

Die Gäste in der Nähe an der Theke blickten mitleidig zu Boden und die Wirtin sagte noch: "Kommst Du wieder ?"

"Oh", meinte der Strippenstrolch und schmunzelte frech, "morgen wird doch auch noch gefeiert, oder ?" ...

Die Wirtin schob dem Strippenstrolch einen kleinen Zettel zu und der Strippenstrolch verschwand im Dunkel der Nacht ...

Schließlich murmelte der Wirtschaftsboss am VIP-Tisch zum Aktionär und malte dabei mit den Händen eine Grafik in die Luft.



"Wissen Sie, diese Synergie-Effekte hätte ich gar nicht erwartet."

"Ja", murmelte der Aktionär zurück, halb zur Wirtin gewandt.

"Kommt halt auf eine anständige Seife an..."

Und die Wirtin gab schlagfertig zurück:

"Dann investieren Sie mal in Automaten !"

"Welcher Art ?", meinte der Aktionär.

"In die, die gewöhnlich auf der Herren-

toilette zu finden sind !",

meinte sie.

Der

Wirtschaftsboss

meinte zügig dazu:

"Und in Kautschuk,

wenn ich mir diese

Bemerkung erlauben darf..."

Da resümierte der Aktionär:

"Meinen sie, das hat Zukunft ?"

"Nun...", meinte der Wirtschaftsboss,

"...sehen Sie hier etwa irgendwo ein Fotohandy ?"


"Nö", sagte der Aktionär und  spendierte 100 Liter Freibier der besten Sorte und 100 Liter Coca-Cola für alle.

Der Wirtschaftsboss hielt inne und meinte zum Aktionär: "Ach, wissen Sie, lange Zeit war der DAX ja immer unten, aber in letzter Zeit steigt er immer mal wieder ..."

Der Aktionär meinte beifpflichtend: "Je, sehen Sie, eine gelungene Investition lässt den tiefsten DAX steigen ..."

Das hörte der Inuit und meinte in seiner trockenen Art: "Ja, also ich glaube, in diesem Winter gibt es wieder sehr viele Eiszapfen ..."

Der Schwarze kam näher und rief zustimmend: "Ich habe auch schon lange keinen Rohrzucker mehr angebaut, aber er soll ja dieses Jahr wieder ganz gewaltig sprießen ..."

Da drehte sich der Mathematiker um und sagte sehr konzentriert: "Also, wenn ich jetzt die erste Ableitung mache, dann geht die Steigung meines Graphen steil nach oben ..."

Dieses wiederum hörte der Biologe und rief, halb zur Wirtin gewandt: "Ja, ja, es ist wieder Spargelzeit ..."

Da kam der Japaner geschmeidig näher, bestellte drei Bier und meinte: "Ich hätte jetzt auch große Lust, einmal wieder so richtig Mikado zu spielen ..."



Der Komiker griff sich schnell eines der Biere und scherzte:

"DAX nach oben,
Spargelzeit,
 ich glaube fast,
es ist soweit ..."

Etwas später hielt ein Lieferwagen von dem Festzelt. Ein südlich aussehender junger Mann mit einem Waschbrettbauch und schwarzen Locken stieg behende aus, kam ins Festzelt und unterhielt sich kurz mit der Wirtin. Kurz darauf holte er 20 Kisten voller Bananen in das Zelt und stellte sie auf die Theke. Dann kam er noch einmal mit einer Kiste voller Zitronen und schließlich mit einer ganzen Menge Milchkannen und einigen Paketen Zucker wieder und stellte alles auf die Theke.

"Was soll den das werden ?", fragte der Wirtschaftsboss verwundert. "Oh", sagte die Wirtin errötend, "das hat der Strippenstrolch ausgegeben ...".

"Und was soll das ?", fragte der Mathematiker ungläubig und schien seinen Augen nicht zu trauen.

"Nun, der Strippenstrolch hat euer Gespräch gehört und meinte, dass euch ein ordentlicher Milch-Shake gut tun würde. Er meinte, es gäbe ordentlich 'Tinte auf den Füller' ...", erklärte die Wirtin und wurde noch roter im Gesicht.

"Lass' gut sein ...", rief der Strippenstrolch zu der Wirtin hinüber, und zu Musik gewandt rief er:

"Los, reißt die Mukke auf ..."



Die Wirtin aber holte einen Pürierstab unter der Theke hervor und mixte den ersten Milch-Shake. Als sie diesen fertiggestellt hatte, rief sie entschlossen zum Strippenstrolch herüber:

"Aloa-He ! ..."
 
Aber im allgmeinen Festzeltgetümmel bekam das kaum jemand mit. Alle freuten sich auf Freibier und Frei-Coke und  Frei-Shake und die Wirtin steckte dem Strippenstrolch ein neues Feuerzeug zu.

Der Strippenstrolch nahm seinen Tabak aus der Tasche, drehte sich eine Zigarette und tat so, als würde er nicht bemerkt haben, womit das Feuerzeug bedruckt war, als er sich seine Zigarette anzündete.

Er steckte das Feuerzeug ein und blickte nett zur Wirtin hinüber, die genau so nett zurückblickte. Sie nickte leicht mit dem Kopf und der Strippenstrolch prostete ihr mit einem Milch-Shake zu ...

Dies alles bekamen die Festzeltbesucher aber schon gar nicht mehr mit, denn es wurden bereits die ersten Tische beiseite geräumt, um die Tanzfläche zu vergrößern.

Schließlich sagte die Musikband auf der Bühne des Festzeltes die Freigetränke am Mikrofon an.

Dann spielte die Band die erste Musik ...


Während die jungen Leute sich auf der Tanzfläche vergnügten, mixte die Wirtin einen Milch-Shake nach dem anderen und verteilte sie an die Gäste, die mit dem Auto gekommen waren. Strippenstrolch erhob sich von seinem Platz und ging langsam zur Theke herüber. Die Wirtin lächelte den Strippenstrolch wissend an und die letzten Akkorde des ersten Liedes verklangen. Sie wischte sich die Hände an einem Geschirrtuch ab und der Strippenstrolch nahm ihre Hand und zog sie mit auf die Tanzfläche.



Dort angekommen wogen sie sich im Rhythmus der Musik und ihr Tanz wurde enger und enger.

Schließlich flüsterte der Strippenstrolch der Wirtin etwas ins Ohr. Sie errötete und knuffte den Strippenstrolch in die Seite und flüsterte etwas zurück, während der Strippenstrolch nun seinerseits errötete ...

Es wurde wie jedes Jahr drei Tage lang gefeiert bis tief in die Nacht und
immer mal wieder war irgendwo ein

"Aloha-He"

zu hören ...

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Frohes Interpretieren wünscht





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